Billingualer Action Bound

Lothar-­Kahn-­Rallye: Ein bilingualer Actionbound durch Rehlingen- ­Siersburg

„Was hat Corona nur mit unserem Leben gemacht?“ Dieses Wehklagen hört man nunmehr seit 1,5 Jahren regelmäßig und in Dauerschleife. Ja es stimmt, Corona hat uns viele Einschränkungen und viel Leid gebracht, aber dieses Virus hat uns ebenso mit der Nase auf Dinge gestupst, die im Leben wirklich wichtig sind. Den ersten Lockdown erlebte ich zuerst als Entschleunigung: als Mutter zweier Kinder mit Vollzeitjob hatte ich auf einmal wirklich ZEIT. Doch schon nach 2 Wochen stand die allmorgendliche Frage im Raum: „Mama, was machen wir denn heute?“ Klar, die sozialen Kontakte und das Entertainment, das normalerweise in Kindergarten und Grundschule stattfindet, fehlten. Also fragte ich Dr. Google, was er als Beschäftigungstherapie vorschlägt und wurde schnell enttäuscht. Alle Aktivitäten, zu denen man nun endlich mal genügend Zeit hätte, sind nicht möglich. Die einzigen Vorschläge, die für Kinder übrig blieben, waren der Besuch von Burgruinen und Wanderwegen. Durch Zufall entdeckte ich in meiner Vorschlagsliste auch ein Buch: „Glücksorte im Saarland – fahr hin und werde glücklich“. Irgendwie fand ich den Titel interessant, obwohl ich davon ausging, als gebürtige Saarländerin das Saarland zu kennen. Schlussendlich landete es in meinem digitalen Einkaufskorb und nur wenige Tage später in meinem Briefkasten. Nun wurde erkundet, was das Zeug hält: u.a. der Seegarten in Losheim, der Wassergarten in Reeden, das Wortsegel in Sotzweiler, Finkenrech Dirmingen, Wilderwaldweg in Merchingen und auch der Bliesgau-Actionbound in Gersheim. Meine Kinder waren begeistert, wanderten munter mit und erkundeten so en passant ihren Heimatraum. Der Actionbound in Gersheim war mein erster je gespielter Actionbound. Man startete und endete am historischen Bahnhof und das Handy zeigte den Weg. Nebenbei gab es Informationen zur Umgebung und immer wieder lustige, kreative Aufgaben rund um das Biosphärenreservat Bliesgau, die es zu lösen galt. Insgesamt 21 Herausforderungen gab es auf der 4,5km langen Strecke. Am Ende dieses Nachmittags sah ich in glückliche und zufriedene Kinderaugen und beschloss, dass dies nicht unsere letzte digitale Schnitzeljagd gewesen sein wird. Zuhause angekommen, ging es für mich an die Vorbereitung für das Unterrichtsfach BiFa (Bilinguales Fach) meiner 9er, das eine Verbindung zwischen den Inhalten des Sachfaches Gesellschaftswissenschaften (GW) mit dem Unterricht in der Fremdsprache Französisch darstellte. Das neue Thema, das es vorzubereiten galt, war „Das Saarland in der Großregion“. Da französische Materialien, die dafür den Unterricht geeignet sind, rar sind, begab ich mich auf die Suche in die große digitale Welt des Internets. Mit den Suchworten „Sarre“ und „Grande Région“ fand ich zügig eine Seite zu „Gvidi.GR – Die Großregion vor Ort und digital entdecken/ Gvidi.GR – La Grande Région découverte sur place et en numérique“. Davon hatte ich schon einmal gehört, als ich vor zwei Jahren an einer Arbeitskreissitzung von „Sésam.GR“ am Schengen­-Lyzeum teilgenommen hatte. Als Ziel dieses Workshops gab die Universität Trier das handlungsorientierte Kennenlernen des transnationalen Kulturraums und die Förderung kultureller Gestaltung, Teilhabe und Partizipation an. Kurzentschlossen nahm ich am nächsten Tag mit dem Verantwortlichen für Gvidis.GR an der Universität, Prof. Dr. Matthias Busch, Kontakt auf. Gerade in dieser volatilen Zeit, in der im Saarland noch Wechselunterricht herrschte und an der Universität ein Dienstreiseverbot ausgesprochen war, stellte uns die Planung vor eine große Herausforderung. Bei einem Onlinemeeting klopften wir alle Möglichkeiten ab, wie wir den Schüler*innen die Möglichkeit geben können, dieses Projekt trotz aller Widrigkeiten durchzuführen. Von meiner Schulleitung bekam ich vollste Unterstützung und so entschieden wir uns, den ersten Teil als Onlineworkshop durchzuführen. Gesagt, getan – und so trafen wir uns mit vier Hilfswissenschaftlichen Mitarbeiter*innen zu einem Onlineworkshop mit dem Titel „Die Großregion und wir – unser Zuhause in Europa: Onlineworkshop zur Erstellung einer Actionsbound-Rallye für Jugendliche aus der Großregion.“ Nach einer kurzen Vorstellungsrunde erstellten die Schüler*innen „Mental Maps“ ihrer Heimatgemeinde (siehe Foto), dabei bekam man einen ersten Eindruck, wie sie als Jugendliche ihren Heimatort in der Großregion wahrnehmen. War auf fast allen Mental Maps das Rathaus, Burg Siersberg und das Schloss von Hausen vorhanden, so fehlte auf vielen die französische Grenze und Luxemburg war z.B. bei bei keiner Mental Map verortet. Nach einer kurzen Thematisierung der geographischen Lage Rehlingen­-Siersburgs nährten wir uns der Thematik Großregion an. Dabei entwickelten die Schüler*innen schon erste Ideen für einen thematischen Schwerpunkt ihres Actionbounds: es soll eine digitale Schnitzeljagd sein, die den Nutzern Einblicke in die Historie von Rehlingen­-Siersburg gibt. Der Bound soll zweisprachig werden, sodass z.B. Austauschklassen der Partnerschule in Bouzonville oder französische Tagestourist*innen diesen auch spielen können. Anschließend erarbeiteten sie erste Stationen, das waren u.a. Denkmäler, Plätze, historische Gebäude, die für sie beziehungsweise für die Stadtgeschichte bedeutsam sind. Diese galt es nun in eine Route zu integrieren und auf einem Lageplan zu verorten. Nach der Aufteilung der Stationen auf die einzelnen Gruppen, stürzten sich die Schüler*innen in die Recherchearbeit: es wurden Informationen zu den Stationen gesucht und Fotos gemacht. Dann ging es an die Aufgaben, die es in dem Bound zu erfüllen gab. Hier zeigte sich, mit welcher Portion Kreativität die Schüler*innen ans Werk gingen: neben Multiple choice und freien Antworten, muss man an manchen Stellen die Aufgaben auch mit einem Foto beantworten. Um den Routenverlauf zu finden, verankerten die Schüler*innen GPS­-Punkte, Richtungspfeile mit Meterangaben und Karten im Bound. Um das Actionboundspiel so angenehm und abwechslungsreich wie möglich zu machen, wurden Videos per QR-­Code verlinkt, Informationstexte sowohl schriftlich als auch als Audio zur Verfügung gestellt und Notenzeilen, die auf der Stecke zu sehen sind, mit dem Klavier eingespielt und als Audio an der Station verankert. Wer nun aber Angst hat, den Fragen und Aufgaben nicht gewachsen zu sein, der kann an vielen Stationen Tipps anklicken, die zwar die gewonnen Punktzahl der Station schmälern, aber nichtdestotrotz die Freude am Weiterrätseln ankurbeln. Als besonderes Highlight wird man zu einem Logbuch geleitet, in das sich jeder Spieler des Actionbounds eintragen kann. Damit die ganzen physischen und mentalen Anstrengungen der ca. 8km langen Strecke sich auch lohnen, kann man unterwegs Zahlen sammeln, die nach dem ca. 2,5­3 Std Spaziergang in der richtigen Reihenfolge eine Schatztruhe öffnen lassen. Diese hält neben Informationsmaterial zur Umgebung kleine Überraschungen für Groß­ und Klein bereit. Kurz vor den Ferien war es dann soweit, der zweite Projekttag konnte dank der sinkenden Inzidenzen in Präsenz mit Frau Oehmichen von der Universität Trier stattfinden. Der fertiggestellte Bound sollte an diesem Tag das erste Mal in deutscher Sprache gespielt und auf Herz und Nieren geprüft werden. Die Rückmeldung war durchweg positiv, sie lobte v.a. die Durchdachtheit und Kreativität, die die Schüler*innen in diesem Bound umgesetzt haben. Dennoch gab es einige Verbesserungsvorschläge, an welchen Stellen man den Bound noch optimieren konnte, die von den Schüler*innen dankend angenommen und in den Bound eingearbeitet wurden. Frau Oemichen gelang es, den vierstelligen Code auf der Route herauszufinden und bei der Öffnung der Schatztruhe gab es erstaunte Gesichter, denn unser Schulleiter Friedrich Müller hatte allen Beteiligten neben ein paar wertschätzenden Worten als kleine Anerkennung der geleisteten Arbeit eine süße Überraschung in der Schatztruhe versteckt. Denn neben den Stunden, die wir gemeinsam in der Schule an diesem Bound gearbeitet haben, verbrachten die Schüler*innen viele Stunden ihrer Freizeit auf der Route um Information und Bildmaterial zu sammeln und die Routenführung per GPS optimal zu verankern. Die französische Version der Lothar Kahn Rallye ist noch in Arbeit und wird voraussichtlich im Spätsommer über die Uni Trier online geschaltet. Wer nun neugierig geworden ist, der benötigt die App „Actionsbound“ und findet diesen Bound in der Suchmaske unter „Lothar Kahn Rallye“. Start und Ziel ist der Marktplatz an der Sport­ und Kuturhalle Rehlingen-­Siersburg. Die Strecke führt sowohl durch den Ort Rehlingen­Siersburg, als auch über Feld und durch den Wald. Nach ca. 1,5­2 Stunden gibt es Picknickmöglichkeiten, die mit einer wahnsinnig tollen Aussicht über das Saartal bestechen. Der Weg ist auf den ersten 4km (bis zum Logbuch) Rollstuhl­ bzw. kinderwagengeeignet und man befindet sich an dieser Stelle in der Nähe des Start­ und Zielparkplatzes. n Nadine Weber Lothar­Kahn­ Rallye Ein bilingualer Actionbound durch Rehlingen­-Siersburg Auf der Route des Actionbounds

Foto: Nadine Weber Mental Map eines Schülers

Foto: Nadine Weber Logbuch Lothar Kahn Rallye

 Foto: Nadine Weber